Jahresbeginn bis 2. Stammzellentransplantation

Aschermittwoch, 6. Februar 2008

Es war wieder so weit.
Der ursprünglich geplante Termin für die ambulante Untersuchung am 31.1. findet heute in Göttingen statt.
"Bringen Sie Zeit mit!" - so lautete die lapidare Aufforderung der Sekretärin als wir den Termin vereinbart hatten, denn es ging heute wieder um die Voruntersuchungen vor der nächsten Hochdosischemotherapie mit anschließender Stammzellentransplantation.

So fuhr ich rechtzeitig morgens los, um dann kurz vor 9 in einer noch recht leeren Onkoambulanz einzutreffen. Nach der üblichen Blutentnahme (mit -zig Röhrchen) schickte man mich erst einmal auf Untersuchungstour.
EKG, Lungenfunktionsprüfung und Herzultraschall waren dran. Alles ging wegen der frühen Uhrzeit wirklich schnell.
Beim Herzultraschall stellte man einen leichten Herzbeutelerguss fest, was aber wohl nicht schwerwiegend ist und evtl. auf eine durchgemachte Infektion hindeutet. Nun, jede neue Diagnose beunruhigt erst einmal, oder?

Wieder zurück ging es dann zum Arzt, der mir noch einmal erklärte, warum eine schnelle 2. Hochdosis in meinem Fall nötig sei. Die Immunglobulinwerte, die noch vor der 1. Hochdosis wieder im Normalen Bereich waren, hatten sich erheblich erhöht.
Dies kann auf eine weitere Progression des MM deuten oder aber eine positive Reaktion des Immunsystems sein. Die heutige Untersuchung soll zeigen, ob die Werte weiter steigen.
(Unsicherheit lässt grüßen!)
Auch sprachen wir wieder über eine evtl. allogene Transplantation, die ich mir eigentlich im Moment wegen der vielen möglichen negativen Auswirkungen weiterhin nicht vorstellen kann, zumal es dann auch nicht um eine Transplantation mit geringer dosierter Konditionierung (klingt gut, gell? heißt aber eigentlich auf Deutsch übersetzt: Chemo mit weniger Gift!) sondern mit der vollen Konditionierung (volle "Giftquote") einhergehen würde. Ganz zu schweigen von den GvH Reaktionen, wenn sich die neuen und alten Zellen nicht vertragen...
Es ist halt die Frage nach kürzerer oder längerer Überlebenszeit, nach Lebensqualität und Nebenwirkungen, die immer wieder neu abgewogen werden muss.
Dann muss man schlucken und es schleicht so eine unbenannte Angst auf, ob man will oder nicht.
Als mir dann auch noch gesagt wurde, dass der Termin vom 28.2. auf den 14.2. vorgezogen würde, war der Nachmittag mit vielen Gedanken gerettet.
Also wieder alles gerade Eingerichtete umändern, die Kollegen informieren, der Gemeinde es verklickern und selber mental sich umstimmen auf die 2. Hochdosischemo.
Alles nicht so einfach!

Motto: 

 

 

"Am Aschermittwoch ist nicht alles vorbei, sondern es muss halt umgedacht werden" 


- eigentlich ein gutes kirchliches Datum für das Umdenken. Passions- (Leidens-)zeit parallel zum eigenen persönlichen Erleben. Spannend!
Ich brauch mir jedenfalls keine Gedanken machen, auf was ich verzichten werde in der Fastenzeit, das liegt vorher fest.

Kein Salat, keine Nüsse, kein frisches Obst, kein Alkohol, keine stark gewürzten, reizenden Speisen, nichts Rohes, kein Rohmilchkäse, keine echte Joghurt etc pp - wie gehabt!

Leute, ich werde die nächsten Tage nochmal all das essen, damit ich später weiß, wie es war, hihi!

Freitag, den 8. Februar 2008

Wenigstens mal eine gute Nachricht zwischendurch. Göttingen hat mir mitgeteilt, dass die Immunglobulinwerte wieder gesunken sind bei der Untersuchung am Aschermittwoch, also vorerst keine allogene Transplantation, sondern es bleibt beim 14.2. als Antrittstermin in Göttingen.
Witzig ist, dass mein ehemaliger Zimmernachbar P.Sch. vom November am 3.2. in derselben Station auch wieder erscheinen muss, allerdings muss er eine allogene Transplantation über sich ergehen lassen. Wir werden uns wohl nicht sehen, denn dann kommt man auf ein Einzelzimmer und ist total abgeschirmt. Ich drück ihm die Daumen!

Dafür werde ich heute Abend noch einmal einen Ausflug machen in meine ehemalige Heimat, um bei meinem damaligen Kegelclub mitzukegeln, bevor ich dann wieder für Wochen in der Klinik eingesperrt bin und auch danach erst einmal keine Kraft haben werde, um Ausflüge zu machen. Freu mich schon darauf!
Schließlich will das Leben gelebt werden, so gut es geht!

Motto: 

 

 

"Alle Neune!"


Die letzte Woche vor dem Klinikaufenthalt 9.2. bis 13.2.

Es ist mittlerweile Mittwoch spät nachmittags. Gleich werde ich noch an einem Männerkreis in der Gemeinde teilnehmen und dort auch ein wenig von meinem Leben mit der Krankheit erzählen. Heute Morgen, am 13.2. konnte ich mich von den Kolleginnen und Kollegen der Pfarrkonferenz verabschieden. Das war gut! Viele gute Wünsche begleiten mich, machen Mut!
Tja und dann war ich nochmal ein wenig spazieren, wer weiß, wann das wieder geht!

Der Kegelausflug am letzten Wochenende war übrigens sehr schön! Und da die Sonne sowohl Samstag als auch Sonntag herrlich geschienen hat, haben wir einen Spaziergang gemacht, querfeldein. Für Geübte nicht sehr weit, für stammzellentransplantierte Pastoren ein RIESEN-Weg. Ergebnis: Ich lag abends um 18.15 Uhr im Bett und habe dieses bis zum nächsten Morgen nicht verlassen.

Montag, den 11.2. hielt ich noch einen Vortrag vor den hiesigen Landfrauen über Zentralafrika. Das hat Spaß gemacht, war aber auch recht anstrengend.

Tja, und nun heißt es morgen 8Uhr11 Abfahrt mit dem Zug aus Stadtoldendorf, Ankunft in Göttingen um 9 Uhr 08, Bus zum Klinikum und gegen 10 Uhr: Aufnahme in der Station Holland 01.23-- alles weitere dann von dort "live".

Motto: 

 

 

"Gift für den Krebs - Stammzellen für mich!"


Donnerstag, den 14.2.2008

Da liegt sie nun, die Online-Fahrkarte nach Göttingen und wird unbenutzt bleiben. Wieder mal 11 Euro in den Sand gesetzt.
Warum?
Nun, als ich gestern beim Abendessen saß kam ein Anruf aus Göttingen, dass man den Aufenthalt um eine Woche verschieben müsse. Mein Bett war nicht frei!
Da hat man sich mental gerade auf das Ganze einigermaßen eingestimmt, schon ist wieder alles anders. Nun gut, dann bleibt mir eine weitere Woche, in der sich mein Körper erholen kann von der letzten Behandlung.
Man muss halt wissen, dass die Planung der Transplantation nicht einfach ist, da die eigentliche Zuführung der Stammzellen entweder an einem Montag oder an einem Freitag stattfindet.
Und da es einen Vorlauf von 4 Tagen gibt, kann natürlich immer mal wieder eine Verschiebung auftreten.
Hier ein kurzer Auszug aus dem Telefongespräch mit dem zugegeben manchmal witzigen Arzt:

Dr.H.:     Herr Melcher haben Sie Durchfall?

Melcher:     Nee,(verdutzt dreinschauend), warum fragen Sie?

Dr.H.:         Und sie wollen auch keinen kriegen, oder?

Melcher:     (noch verdutzter) Ne, daran habe ich kein Interesse!

Dr.H.:         Dann ist es besser, wenn Sie erst nächste Woche                         kommen, denn wir müssen einen Patienten isolieren undkönnen sie da nicht ins Zimmer legen!

Melcher:     Ach so, ja, klar, das versteh' ich. Zahlen Sie mir dann                     meine bereits gekaufte Fahrkarte?

Dr.H.:         (Hüstel) Oh, das tut mir leid, das ist natürlich schade...

Melcher:     Ist schon ok, dann sehen wir uns also nächste Woche                     um diesselbe Zeit?

Dr.H.:        Ja. Bei Ihnen hatten wir doch bisher auch noch nicht                     verschoben oder?

Melcher:     Na, nicht wirklich.

Dr.H:          Dann bis nächste Woche! Auf Wiederhören


Tja, und so heißt es erst einmal ganz banal: weitermachen wie bisher

Motto: Fehlalarm gibt es nicht nur bei der Feuerwehr!

Dienstag, den 19.2.2008

Der Countdown läuft!

Am Donnerstag geht es ja nun wohl doch los, allerdings werde ich dieses Mal noch einmal nachfragen, ehe ich mich in die Startlöcher begebe.
Erstaunt bin ich immer wieder, wie viele Menschen doch hier auf diese Seite schauen und Anteil nehmen. Danke dafür!

Kleine Überraschung von gestern: Krieg ich doch eine Email von einer Cousine, zu der ich seit Jahrzehnten keinen Kontakt mehr hatte. Also auch für die Familienzusammenführung scheint so eine Homepage und eine Suchmaschine im Internet gut zu sein.

Ansonsten ist es eigenartig, wenn man mental bereits voll auf Krankenhaus eingestellt war und nun noch eine Woche warten muss. Auch wenn der Dienst weitergeht, ist es anders, als wenn man von vornherein weiß, dass es erst in einigen Tagen losgeht.

Meine Gedanken sind oft bei meinem Zimmernachbarn vom November, der seit dem 13.2. schon wieder in Göttingen ist und eigentlich gestern fremde Stammzellen bekommen haben müsste.
Geht es ihm gut? Wie verträgt er die Prozedur?
Tja, da ich selber weiß, wie es ist, wenn man auf guten Ausgang hofft und dennoch weiß, dass der Weg schwer ist, finde ich es wichtig, gerade dann an die zu denken und für sie zu beten, die man kennen gelernt hat.

Und noch etwas, was mich zugegeben aufgeregt hat:
Gestern kam in einem der privaten Fernsehprogramme eine Sendung über eine Familie, die sich ein ganz schönes Haus geleistet hat, das (Originalton) noch nicht einmal teuer war, "nur" 370.000€.
Ich dachte, ich spinne, als ich das hörte. Was da aktuell als "billig" angepriesen wird, ist ja wohl für den Großteil der Bevölkerung totaler Luxus.
Oder da zeigt man ein Pärchen, das eine neue Wohnung sucht und auswählt zwischen drei Wohnungen, von denen die eine ca. 900€ kalt kostet, die anderen beiden um die 750€ und die größte Sorge der beiden ist es, ob sie auch ein Wasserbett stellen können und ob das "Katzennetz", das die 4 hauseigenen Katzen am Weggehen hindern soll, auch auf den Balkon passt.
Warum ich das hier schreibe? - Nun, weil ich denke, dass viele sich mit Dingen beschäftigen, die mich als Kranken, der mit der Aussicht auf Nichtheilbarkeit umgehen muss, nicht nur traurig machen, sondern so manches mal auch böse werden lassen.
Wie viel unwesentlichen Quatsch gibt es?
Und wie viel Energie verwenden wir auf diese Dinge und dabei gäbe es Anderes, das zwischenmenschlich viel wichtiger wäre.
Na, ich hör lieber auf, sonst sinke ich noch auf Stammtischniveau ab, aber ärgern tue ich mich dennoch.

Für die kommende Zeit im Krankenhaus und die Wochen danach, wenn sonst nicht viel möglich ist, habe ich mir nun wieder etwas vorgenommen. Man muss ja Pläne haben!
Ich möchte unbedingt die Amateurfunkprüfung für ein deutsches Rufzeichen der Klasse E (wie Einsteiger) schaffen.
Das hab ich schon seit Jahren vor, allerdings hat mich der normale Arbeitsalltag immer daran gehindert.
Nun will ich es noch einmal versuchen, denn eigentlich war das mein schönstes Hobby in Zentralafrika, wo ich eine Funklizenz hatte, die aber hier in Deutschland nicht anerkannt wird, weil man dort keine Prüfung ablegen muss.
Also werde ich, so weit es kräftemäßig geht, in Göttingen mich mit Technik, Betriebstechnik und Vorschriften rund um Funkverkehr und Elektromagnetischer Verträglichkeit beschäftigen.
Und wer weiß, vielleicht kann ich ja dann im Frühjahr irgendwo meine Prüfung ablegen und mit einem DO-Kennzeichen "in die Luft gehen".

Motto: "Das beste Hobby ist dasjenige, das alle für nutzlos halten, weil es zweckfrei ist und deshalb gerade entspannt!"

Mittwoch, den 20.2.2008 - Wieder nix!

Irgendwo stand neulich in er Zeitung, dass Firmen bei Bewerbungsgesprächen vor allem Wert legen auf Teamfähigkeit.
Bei meiner Behandlung in Göttingen ist wohl doch eher Flexibilität gefragt, denn heute wurde mein "Einrücken" auf der Station erneut bis Montag, den 25.2. verschoben. Da hätte man eigentlich den ursprünglichen Termin vom 28.2. gleich lassen können.
Es ist den Mitarbeitern der Station sicher schon selber unangenehm, mich immer wieder vertrösten zu müssen, aber so langsam wird es doch zu einem mittelprächtigen mentalen Problem.
Da bin ich dann immer motiviert, dass es am nächsten Morgen losgeht, habe alles so weit organisiert und dann wieder nichts...
Nun denn, dieses Mal werde ich mich überhaupt nicht bei den Kolleginnen und Kollegen rühren, die mich vertreten, um nicht dauernd wieder alles Eingerichtete verändern zu müssen.
Ist blöd, aber geht halt nicht anders.
Das Gute an der ganzen Verschieberei ist wirklich, dass der Körper mehr Zeit hat, sich noch von der ersten Hochdosischemo zu erholen. Dann will ich mal dem Ganzen etwas Gutes abgewinnen.

Motto: "Gut Ding will Weile haben!"